Inherent Vice

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Crime

Interview Josh Brolin

Interview: Andrew Warne

Josh Brolin: «Ich habe noch nie in einem Film mitgespielt, der einen Menschen so mitgerissen hat»

LOS ANGELES In Paul Thomas Andersons psychodelischem Krimi «Inherent Vice» spielt Josh Brolin den Cop Bigfoot. Warum dieser Name Sinn ergibt, das Publikum sonst aber nicht zu sehr danach suchen sollte, verrät er im kinowetter Interview.

Josh Brolin, Sie finden es nicht schlimm, wenn das Publikum den Film nicht sofort versteht? Genau, der Film erweckt den Eindruck einer Krimigeschichte. Allerdings sehen wir durch Docs Augen und damit durch die Augen eines Typen, der den ganzen Tag Gras raucht. Wir sollten den Film daher gar nicht im üblichen Sinne verstehen wollen. Wir schauen uns hier ja nicht „Gone Girl“ an, sondern „Inherent Vice“. Das sind verschiedene Filme. Man erinnert sich, setzt Bruchstücke zusammen und erlebt ständig ein Wow-Gefühl. Diese Perspektive gefällt mir gut und keiner fängt sie besser ein als Paul Thomas Anderson. Ob Öl im kalifornischen Hinterland («There Will Be Blood») oder regende Frösche («Magnolia»), so etwas liegt einem oder nicht. Das ist bei jedem anders.

Sollten die Zuschauer zu ihren Tickets also eigentlich Drogen bekommen? Klar, warum nicht. Wenn einem das gefällt und es hilft (lacht). Nein ernsthaft, ich habe bei Frage-Runden nach dem Film gesehen, wie Leute sich den Kopf rieben. Ein anderer war fröhlicher, als ich je einen Menschen gesehen hatte und zwar weder betrunken noch unter Drogen. Ich habe wohl noch nie in einem Film mitgespielt, der einen Menschen so mitgerissen hat. Dazwischen gibt es natürlich viele weitere Reaktionen.

Woher stammt der Spitzname Ihrer Filmfigur, Bigfoot? Er ist für seine Tritte bekannt, das zeigt sich, als er Docs Tür zerschmettert. Er möchte Einfluss gewinnen und bemerkt werden, diese Wünsche zeigen sich auf offensichtliche und kindische Weise.

Kaschiert er so seine Unsicherheit? Wenn man sieht wie machtlos er Zuhause ist, ergibt sein Verhalten Sinn. Zumindest für mich und das macht mir Spass.

War Ihr Look eine spontane Entscheidung? Ja, das ist toll. Wir probierten erst eine Jack-Lord-Tolle, so ein „Hawaii Five –O“-Look, aber dafür waren meine Haare zu kurz. Also verwendeten wir Extensions, aber auch das klappte nicht richtig also überlegten wir Alternativen. Ich hatte auf einem Foto aus den 50ern mal einen Cop mit Bürstenschnitt gesehen, das gefiel mir gut. Die Entscheidung war relevant, weil sein Aussehen so speziell ist, trotzdem wollten wir nicht zu viel Aufmerksamkeit auf ihn lenken oder unverständliches Verhalten kompensieren. Manchmal sehen Sachen aufgesetzt aus, aber hier passte die Frisur zu seinem Charakter.

Er wird damit stärker an die 50er gebunden... Ja, er unterscheidet sich damit von Rest dieser „Ära“.

Konnten Sie sich leicht in die Hippie-Stimmung versetzen? Ich musste mich gar nicht einfühlen, egal was passierte als Bigfoot war ich dagegen. Das macht Spass.

Worauf basiert die gute Zusammenarbeit von Joaquin Phoenix und Regisseur Paul Thomas Anderson? Als ich „The Master“ sah, hat mich Joaquins Leistung komplett umgehauen, sie gehört zum Besten, was ich je gesehen habe. Die beiden sind sehr ruhig und nach innen gewandt. Ich stelle dagegen deutlich mehr Fragen. Mir gefällt diese verbalere Beziehung, wir sprechen über vieles. Paul Thomas Anderson und Joaquin verstehen sich dagegen mit Blicken. Aber bei den Szenen mit Joaquin hatte ich immer das Gefühl Paul sei auch Teil davon, nicht nur ein Regisseur, der daneben steht und hinter der Kamera zuschaut. Zwischen uns bestand eine interessante Spannung, die vieles ermöglichte. Wir alle wussten, dass Joaquin seinen eigenen Kopf hat und ich habe den ebenso. Was das Publikum am Ende sieht, ist die zahme Version dessen, was wir gemacht haben.

Die Bananen-Szene im Auto entwickelt sich zum Klassiker...Und Joaquins Gesichtsausdruck... Ich bin nicht sicher, ob das gut ist, aber zum Glück haben wir sie gedreht, das Ganze entstand spontan. Paul lachte und das war mir am wichtigsten. Ohne ihn in dem Auto hätte sie nicht funktioniert. Am Ende läuft Joaquins Figur eine Träne übers Gesicht für diesen armen Kerl, der seine Drogen wegfuttert. Ohne Doc wäre Bigfoot gar nicht möglich.

Diese Absurdität ist sicher schwer einzufangen... Es ist schon absurd, man muss nur den Titel selbst nachschlagen. Absurdität besitzt kein echtes Fundament, man muss mitgehen und sich auf die Geschichte einlassen. Auch wenn man nach dem Buch oder dem Film noch offene Fragen hat. Ich erhielt die Rückmeldung, dass Menschen auch später noch darüber nachdenken. Das erinnert mich an „No Country for Old Men“. Dort haben viele Leute das Ende auch nach dem dritten Mal nicht verstanden, aber immerhin haben sie den Film drei Mal angeschaut. Ein Film muss gut genug sein, um ihn nochmal sehen zu wollen. Hier habe ich von Zuschauern gehört, die es gar nicht erwarten konnten nochmal reinzugehen – manche aus Frustration, manche aus Neugier. Das ist eine gute Sache und einfach eine ganz andere Erfahrung und Perspektive.

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