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Comedy

Interview Christophe Van Rompaey

Interview: Nicole Odermatt

Christophe Van Rompaey: «Früher war die Jugend weniger Druck ausgesetzt»

ZÜRICH. Im Belgisch-Französischen Film VINCENT leidet der 17-jährige gleichnamige Hautcharakter unter den heutigen Weltproblematiken und ist gewillt als passionierter Umweltaktivist und strikter Veganer im Zeichen seiner Überzeugung Selbstmord zu begehen. Damit behandelt Regisseur Christophe Van Rompaey Thematiken, die kaum aktueller sein könnten. Im Interview mit Kinowetter spricht der Belgier über die heutige Jugend, Veränderungen und seine eigenen Zukunftspläne.

Christophe denken Sie, ihr Hauptcharakter Vincent wiederspiegelt die "Neue Generation"? Hoffentlich nicht! (lacht) Zumindest nicht in der Hinsicht auf Selbstmord. Aber wenn sich Menschen mehr Gedanken über Dinge wie Vincents Ideen und Visionen machen würden, wäre es schon Hoffnungserweckend.

Ein wichtiges Thema im Film ist Selbstmord. Wie haben Sie sich auf dies Aufgabe vorbereitet? Tatsächlich dauerte es neun Jahre um diesen Film auf die Beine zu stellen. Also hatte ich mehr als genug Zeit um darüber nachzudenken. Zum grössten Teil der Themen der Geschichte, wie auch Selbstmord, fühle ich mich auf eine Weise verbunden. Ich denke, die Meisten werden jemanden kennen, der sich einmal in einer ähnlichen Situation befand. Die Schweiz hat ja auch eine relativ hohe Selbstmordrate.

Statistiken sprechen davon, dass es noch nie so viel Selbstmord unter den Jugendlichen gegeben hat wie aktuell. Woran liegt das Ihrer Meinung nach? An Social Media, Unzufriedenheit, Zukunftsängsten... Ich bin zwar selbst nicht mehr Jung aber ich kann die Situation nur mit meiner eigenen Jugend vergleichen, in welcher viel weniger Druck herrschte als heute. Es kann an Social Media liegen oder auch an der rasanten Entwickelung der Welt. Früher war es grossartig an die Küste zu fahren. Obwohl es nicht allzu weit weg war, stellte diese Reise trotzdem Ferien dar. Nun kann man mit einem Klick die ganze Welt sehen und weiss gar über die Geschehnisse auf der anderen Seite der Erde Bescheid. Die Verdichtung der Welt sorgt für mehr Druck, denn eine grössere Möglichkeit gibt das Gefühl, in jedem Bereich Leistung bringen zu müssen. Zudem bringt diese Entwicklung die Probleme immer näher zu uns. Wenn jemand in Afghanistan stirbt, ist es vielleicht weit weg aber wir werden dennoch durch die Nachrichten und Social Media jeden Tag damit konfrontiert. Auch die Thematiken über die Vincent im Film spricht, wie die gesellschaftliche Unzufriedenheit, der Krieg, die Umweltproblem

Vincents-Teenie-Zimmer ist von unten bis oben voll mit Wandposter wie "Rette die Welt" beklebt. Können Sie sich an die Poster an den Wänden ihres Kinderzimmers erinnern? Ich wuchs während dem Ende der Punk Zeit auf, weshalb ich viele Demonstrationsposter gegen Dinge wie Nuklear-Bomben, die grossflächige Eröffnung von McDonalds-Filialen usw. besass. Auf eine Art wiederholen sich die Zeiten mit differenten Themen, die im Kern dennoch ähnlich sind und sich einfach weiterentwickelt haben.

Eine gute Freundin von Vincent tröstet ihn mit den Worten: " Alles ändert sich Stück für Stück". Was wäre Ihr Rat um eine Veränderung zu erzielen? Es ist etwas hochgegriffen zu sagen: "Ich werde die Welt ändern". Aber wenn jeder bei sich selbst beginnen würde, wäre das schon etwas. Und man kann die Menschen um sich herum verändern durch einfache Dinge wie Gesprächen mit Freunden. Schritt für Schritt können sich Dinge ändern. Solche Sachen geschehen nicht über Nacht. Zudem ist die "Neue Generation" hoffentlich schlauer und lernt aus den Fehler der voranschreitenden.

Was war Ihnen wichtig in der Besetzung der Rollen? Das Casting hat eine lange Zeit gedauert. Meine Produzenten haben sich oft gewünscht, ich würde mich endlich entscheiden. Natürlich ist der wichtigste Teil eines Filmes das Drehbuch mit der Geschichte. Aber als nächster Schritt ist die Suche nach den Darsteller ebenfalls ungemein bedeutungsvoll, denn das sind die Menschen, welche die Geschichte erzählen werden und die Figuren auf dem Blatt zum Leben erwecken.

Haben Sie eine bestimmte Vorgehensweise während diesem Prozess? Üblicherweise beginne ich damit den Schauspieler für meinen Hauptcharakter zu finden. In diesem Fall war es ein 17 jähriger Junge. Es gibt nicht eine Menge in diesem Alter mit viel Erfahrung im Filmbereich. Aber ich hatte grosses Glück. Es dauerte etwa eineinhalb Jahre um Spencer Bogaert zu finden. Ich denke sein Name wird sehr gross, denn er ist unglaublich talentiert. Und dann konstruiert man die Familie um den Hauptcharakter herum und versucht sie so realitätsnahe wie möglich zu besetzen. Ich mag Lebensechte Filmcharaktere, keine "Good-Boys" und "Bad-Boys". Richtige Menschen sind nicht in diese Schemen eingegliedert, sie sind viel komplexer. So haben auch die eigenen Freunde stets kleinen negativen Dinge an sich, die man nicht an ihnen mag, aber man liebt sie trotzallem.

Was macht für Sie einen Film grossartig? Für mich ist ein Film grossartig, wenn er mich berührt. Auf die verschiedensten Wegen. Er kann mich wütend machen, mich zum Weinen bringen oder Glücksgefühle verursachen. . Hauptsache er macht etwas mit mir und regt mich zum nachdenken an. Wenn ich bereits während dem Abspann mit meinen Gedanken irgendwo anders bin, werde ich mich nicht weiter an die Geschichte erinnern.

Vincent sieht seinen Selbstmord als Statement an die Weltbevölkerung. Denken Sie es ist die Pflicht eines Regisseurs, mit seinen Filmen auch etwas zu Vermitteln? Das ist eine gefährlich Frage… Denn manchmal ist Kunst eben einfach Kunst. Doch generell ist Kunst auf irgendeine Weise immer eine Reflektion des gesellschaftlichen Geschehens. Die Aussenwelt fliesst stets in die Arbeit eine Künstlers wie Maler oder Schriftstellers ein. Etwas bestimmen geschieht im Leben einer gewissen Person woraufhin sie darüber sprechen möchte. Persönlich schien es mir wichtig, diese Geschichte über Vincent zu erzählen, da sie viel beinhaltet über das man nachdenken kann.

Können Sie uns zum Schluss noch einen kleinen Einblick in Ihre Zukunftspläne gewähren? Meine Zukunftspläne bestehen im Moment aus einer kleinen Pause. Und ich sollte darüber nachzudenken, was ich als nächstes machen möchte in meinem Leben. In der heutigen Zeit wird es immer schwieriger Filme zu produzieren und es dauert auch unglaublich lange. So bin ich auch ziemlich glücklich, mit VINCENT endlich fertig geworden zu sein, es brauchte immerhin neun ganze Jahre. Im Moment habe ich nicht die Leidenschaft und Musse weitere neun Jahre zu warten um einen neuen Film zu zeigen.

© kinowetter.ch

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