Papst Franziskus - Ein Mann seines Wortes

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Documentary
Dieser Dokumentarfilm ist mehr eine persönliche Reise mit dem Papst und weniger ein Film über ihn. Kein Wunder, hat der Papst doch selber um diesen Film gebeten und zwar keinen geringeren als den Deutschen Regisseur Wim Wenders (PARIS, TEXAS, DER HIMMEL ÜBER BERLIN).

Dieser staunte nicht schlecht, als eines Tages ein Brief aus dem Vatikan mit der Frage, ob er einen Dok mit dem Papst machen wolle, bei ihm ankam. Er hätte dabei freie Hand und uneingeschränkten Zugang zum Video-Archiv. Das war der Deal. Wenders, sonst nicht gerade eine Mann für Auftragsarbeiten, reiste nach Rom und nahm schliesslich die einmalige Chance, den Papst für einen Film zu treffen, an.

Entstanden ist ein Dok mit drei Ebenen: Interviews mit dem Papst, Archivaufnahmen seiner Auftritte und schwarz/weiss Bilder des heiligen Franz von Assisi, der Parallelen zum Papst aufzeigt und sich wie ein roter Faden durch den Film zieht. Diese Szenen drehte Wenders mit einem Schauspieler und einer Holzkamera aus den 1920er, nicht das einzige ungewöhnliche an diesem Film.

Auch Wenders Interviewtechnik überrascht. Er liess den Papst beim sprechen direkt in eine Kamera schauen, so wie eine Live-Schaltung beim Fernsehen. Dieses visuelle Stil-Element lässt den Zuschauer mit dem Papst von Angesicht zu Angesicht sein, meinte Wenders. Das wirkt anfänglich irritierend, doch schon nach wenigen Minuten nimmt einem der Pontifex, dank seinem Charisma, vollkommen ein.

So hört man gebannt zu, was ihn beschäftigt. Es sind dies (wenig überraschend) Armut, Krieg und soziale Ungerechtigkeit. Doch auch Umweltschutz und Wissenschaft liegen Jorge Mario Bergoglio, wie Franziskus mit bürgerlichem Namen heisst, am Herzen. Das ist neu, mied die Kirche die Wissenschaft doch früher wie der Teufel das Weihwasser.

Ein regelrechter Quantensprung ist aber die Haltung des obersten Hirten, wenn es um sexuellen Missbrauch innerhalb der Kirche geht. Von Wenders offen darauf angesprochen fügt der Papst Daumen- und Zeigefingerspitze zu einem Kreis zusammen und sagt in die Kamera, da gäbe es nur eines, nämlich Null Toleranz! Und auch zum Thema Homosexualität hat der Gottesmann eine Meinung: Man darf keinen Menschen auf Grund seiner sexuellen Neigung ausgrenzen.

Dann wäre da noch seine Bescheidenheit. Davon zu predigen ist das eine, sie aber täglich selber vorzuleben, das andere. So erfährt man unter anderem, dass der Vertreter Gottes in einer 2.5 Zimmer Wohnung ausserhalb des Petersdoms lebt und täglich mit dem Bus zum Dienst fährt. Und in Archivaufnahmen sieht man zudem, dass der Papst auch dort hin geht, wo’s richtig weh tut - sei es in, vom Krieg zerstören oder von der Umwelt vernichteten Gebieten, um den vom Leid geplagten Menschen Aufmerksamkeit zu geben oder Trost zu spenden.

Zum Schluss wird man feuchte Augen haben und nicht genau wissen, ob diese von den ergreifenden Begegnungen oder den Spässen, die der Papst bei öffentlichen Auftritten macht, kommen, die der Dok nebst vielen tragischen Momenten auch bereit hält. Schade nur, dass Wenders all die emotionalen Momente nicht mit einer eigenen Kamera einfangen konnte bzw. durfte. Unberührt wird dieser Film aber so oder so keinen lassen. Archivbilder und Auftragsfilm hin oder her. [Philipp Portmann]

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