Suicide Tourist

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Drama

Interview Nikolaj Coster-Waldau & Jonas Alexander Arnby

Interview: Nicole Odermatt

Nikolaj Coster-Waldau: «Manchmal weiss man im Leben nicht mehr, was vorne und was hinten ist»

Wir trafen GAME OF THRONES-Star Nikolaj Coster-Waldau (49) und Regisseur Jonas Alexander Arnby (46) am Zürich Film Festival, wo sie ihr neustes Werk SUICIDE TOURIST vorstellten. Im Interview erzählen sie von den Herausforderungen bei diesem Projekt, die emotionale Seite dieser Geschichte und wie sie privat Menschen zum Lachen bringen.

Der Film spielt mit der Vorstellungskraft des Publikums. Was war Ihre Inspiration für diese Geschichte? Jonas Alexander Arnby: Es war das Leben selbst. Oder anders gesagt: Einfach alles was man erlebt. Mein erster Film war ein Coming-of-Age-Film über jemand der von einem Kind zu einem jungen Erwachsenen in einer kleinen Stadt heranwächst. Das war vor fünf Jahren, seit damals bin ich ein wenig älter geworden, aber nur ein kleines bisschen (schmunzelt). Und jetzt drehen sich diese neuen Fragen in meinem Kopf.

Und bei Ihnen, Nikolaj Coster-Waldau? Warum wollten Sie die Rolle des suizidgefährdeten Max übernehmen? Nikolaj Coster-Waldau: Die Geschichte berührte mich emotional. Sie packte mich sofort, weil sie mysteriös ist. Gleichzeitig ist es eine einfache Geschichte über einen Mann, der Angst hat die Kontrolle und sich selbst zu verlieren. Aber auch Angst vor der Zukunft hat und so beschliesst sich das Leben zu nehmen. Obwohl er ja eigentlich leben und lieben will. Doch die Angst, nichts mehr kontrollieren zu können überwiegt. Also entscheidet er sich dafür die Kontrolle zu übernehmen in dem er sich selbst umbringt. Genau das habe ich als ein interessantes Dilemma empfunden. Er will leben. Trifft allerdings eine nicht erklärbare Entscheidung. Seine Reise ist nichts anderes als einen Weg zu finden, wie man akzeptieren kann, dass das Leben nicht kontrollierbar ist.

Dann war der Konflikt über die Unkontrollierbarkeit des Lebens der entscheidender Grund für Ihre Zusage? Nikolaj Coster-Waldau: Ja, dazu kommt noch, dass wir beide etwa im gleichen Alter sind.
Jonas Alexander Arnby: Du bist jünger (lacht).
Nikolaj Coster-Waldau: Wir sehen zumindest gleich alt aus (lacht). Man geht durch das Leben und wenn man mein Alter erreicht, dann hat man diese Momente. Das Leben kann teilweise überwältigend sein. (Waldau wird am 27. Juli 50 Jahre alt. Anm. der Redaktion). Manchmal weiss man im Leben nicht mehr was vorne und was hinten ist. Ich war offensichtlich noch nie in der Situation wie Max, dass ich diesen drastischen Schritt gemacht hätte. Ich kann es jedoch nachvollziehen und mit ihm mitfühlen. Das waren die Dinge, die mich überzeugten und natürlich, dass das Skript mich stetig überraschte.

Wie sehr liessen Sie sich emotional auf Ihrem Charakter ein? Nikolaj Coster-Waldau: Sobald die Kamera lief, hoffentlich sehr (schmunzelt). Schliesslich war dies das Ziel. Es ist eigentlich einfach ein Job, den man erledigt. Wir sind schlichtweg zwei verschiedene Menschen. Wir sehen uns zwar ähnlich, doch haben unterschiedliche Charaktere.

Es gibt diese Szene, da will Max's Freundin ihn zum Lachen bringen. Haben Sie ebenfalls einen Trick, wie Sie jemanden zum Lachen bringen? Jonas Alexander Arnby: Mein Trick? Huch.
Nikolaj Coster-Waldau: Bei ihm geschieht dies andauernd. Er bemerkt es nicht einmal (lacht).
Jonas Alexander Arnby: (lacht) Das ist wirklich eine gute Frage. Ich weiss nicht, ob ich so etwas habe.
Nikolaj Coster-Waldau: Als Beispiel, ich lief gerade durch den Flughafen in Zürich, als ich um die Ecke biege und ihn zusammen mit seiner Frau sehe. Sie hat sich vor ihn gekniet und bindet ihm seine Schuhe zu.
Jonas Alexander Arnby: Das bringt dich zum Lachen (lacht)?
Nikolaj Coster-Waldau: Ja, das ist deine Art. Es ist als würdest du sagen: «Es ist doch absolut normal, dass meine Frau mir die Schuhe bindet» (lacht).
Jonas Alexander Arnby: (lacht) Sie hat mich gefragt und ich habe einfach zugestimmt (lacht).
Nikolaj Coster-Waldau: Das fand ich lustig. Er bringt die Leute konstant zum Lachen und das zu seiner eigenen Überraschung.
Jonas Alexander Arnby: Genau so ist es (lacht).

Und wir war das während der Dreharbeiten? Was war für Sie die grösste Herausforderung? Nikolaj Coster-Waldau: Der Film wird zu 100% aus der Sicht von Max erzählt. Das ist eine grossartige Sache. Gleichzeitig bringt sie viele Herausforderungen, sowohl für uns beim Drehen als auch für den Zuschauer. Was ist real und was ist im Kopf von Max? Man weiss es nie so genau oder vielleicht hat man das Gefühl es zu wissen, ist sich aber nicht sicher. Wir hatten viele Diskussionen darüber. Wenn man einen Traum hat, dann ist dies real. Dann wacht man auf und denkt, das war ein verrückter Traum. Allerdings spürt man noch all die Gefühle, die man während dem Traum verspürt hat. Und für Max ist es in diesem Film genauso, er fühlt alles. Das war vor allem für mich die Herausforderung. Ich musste meine eigene Kontrolle gehen lassen, um den Unterschied zu verstehen. Es mag surreal für mich sein, jedoch für Max ist es real.

Und was war es bei Ihnen, Jonas Alexander Arnby? Jonas Alexander Arnby: Für mich sind sicher einerseits die physikalischen Bedingungen, die das Herstellen eines Filmes mit sich bringen. Wir drehten in den Bergen und mit tückischem Wetter. Für mich persönlich, dachte ich, dass der richtige Ton des Filmes zu finden, die grösste Herausforderung werden würde. Doch Nikolaj hat mir sehr vertraut und das gab mir ein gutes Selbstvertrauen für die Umsetzung. Ab dem ersten Tag war ich erleichtert, dass der Ton scheinbar gleich von Beginn an zu funktionieren schien. Abgesehen davon, war das herausforderndste effektiv die physikalischen Begebenheiten des Drehs.

Die Locations in Norwegen sind toll. Wie empfanden sie das? Nikolaj Coster-Waldau: Ich liebe es, wenn man raus gehen kann und an den effektiven Locations dreht. Ich bevorzuge das vielmehr, als im Studio zu stehen. Es bietet einfach viel mehr an. Der Berg, auf dem das Hotel steht, das ist in der Tat dort und ist echt. Wenn man die Dinge berühren kann, kann man einfach darauf reagieren. Oder wenn man in einem Wintersturm steht und es 20 Grad unter null ist, dann muss man nicht spielen, dass man kalt hat. Man hat tatsächlich kalt.

Was darf das Publikum für eine emotionale Reise erwarten? Nikolaj Coster-Waldau: Ich denke, das hängt vom Publikum ab und welche Lebenserfahrungen man bereits gesammelt hat, bevor man den Film sieht. Das ist sicherlich unterschiedlich. Diese Tatsache betrifft vermutlich viele Filme, jedoch bei diesem im Speziellen. Denn es ist eine ganz spezifische Reise während einer spezifischen Zeit im Leben eines Mannes. Egal ob man alt oder jung ist, alle hatten schon Momente von Verlust und emotionalem Schmerz. Das sind Dinge, mit denen wir uns alle identifizieren können. Schlussendlich geht es um einen Mann, der versucht mit emotionalem Schmerz umzugehen.

Haben Sie dem Publikum irgendwelche Tipps für den Besuch, schliesslich werden sie emotional sehr gefordert? Jonas Alexander Arnby: Tipps? Ich würde sagen, einen offenen Geist haben. Möglichst keine bestehenden Vorurteile oder vorgefertigte Meinung über irgendetwas haben. Und dann sollte hoffentlich die Reise von Max das Publikum durch die Story begleiten.

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