Cherry (Streaming)

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Coming of Age

Von: Von Carmine Carpenito

VOM BLOCKBUSTERKINO ZUM NISCHENPRODUKT AUF APPLE TV+

Nachdem „Avengers: Endgame“ vor mittlerweile zwei Jahren zum weltweit umsatzstärksten Film aller Zeiten avancierte, stand den Brüdern Anthony und Joe Russo jede erdenkliche Tür in Hollywood offen. Mit ihrem neuen Projekt „Cherry“ distanzieren sich die Filmemacher zwar gänzlich von Superheldenfilmen, mit Tom Holland haben sie aber dennoch ein wertvolles Stück Marvel mitgenommen.

Zugegeben, „Cherry“ ist keine leichte Kost. Die Gebrüder Russo schicken Tom Holland - besser gesagt seine titelgebende Filmfigur – so richtig durch die Hölle. In den 140 Minuten, auf die es die Romanverfilmung bringt, werden einige Themen wie Zeit oder der Sinn des Lebens angesprochen. Was sofort auffällt, ist das Fehlen einer klassischen Drei-Akt-Struktur, wie sie Hollywood ihren Drehbuchautoren eigentlich klar vorgibt. Im Grunde wird durch diese Methode sichergestellt, dass eine Geschichte über einen Anfang, einen Mittelteil und einem Ende verfügt.

Nur wenige Regisseure können es sich erlauben, aus der Reihe zu tanzen. Einem Quentin Tarantino zum Beispiel, der diese Regel gerne mal konsequent ignoriert oder zu eigen macht, kann man so was wie eine Vorlage kaum aufschwatzen. Im Gegensatz zu Berufskollegen gelingt es ihm aber auch tatsächlich, seine Abweichungen von der Norm erfolgreich und mit gewünschtem Ergebnis durchzusetzen. Im Fall von „Cherry“ funktioniert dies leider nur bedingt.

Der lange Weg zum Bankräuber

Der Streifen beginnt mit einem alles andere als glücklich wirkenden jungen Mann, der sich die Frage stellt, ob er sein Leben verschwendet hat. Hierbei handelt es sich nämlich um einen winzigen Ausblick in die Zukunft, in welcher Cherry als Bankräuber fungiert. Nach einem kurzen Teaser verschlägt es uns schliesslich in eine Vergangenheit, in der man eine noch unschuldige Version der eben eingeführten Persönlichkeit kennenlernt. Der Film will zeigen, was im Leben dieses Herren passiert sein muss, um die Rolle eines Bankräubers einzunehmen. Dabei lässt er sich eine Menge Zeit und holt ganz weit aus – vielleicht zu weit?

Zu Beginn der Geschichte lernt Cherry die wunderbare Emily kennen und lieben. Doch nach einer kurzen Romanze fällt sie plötzlich die Entscheidung, sich von ihm zu trennen. Da sich unser Protagonist direkt im Anschluss wertlos fühlt und nach einem neuen Sinn in seinem Leben sucht, hofft er darauf, diesen in der Armee zu finden. Kurz nach seiner Anmeldung kehrt Emily zu ihm zurück – doch da der Vertrag unterschrieben wurde, muss er jetzt wohl oder übel antreten und erlebt vor Ort die wahrscheinlich schrecklichsten Ereignisse seiner bisherigen Existenz.

Ungewissheit bis zur Mitte

Handelt es sich um einen Banküberfallsfilm, eine zerbrochene Romanze, ein Kriegs-Drama oder einen Drogen-Thriller? Diese Frage begleitet den Zuschauer rund 70 Minuten lang. Dass hier nämlich der Absturz in eine Drogensucht thematisiert wird, erfährt man erst in der Mitte der Geschichte. Bis dahin stolpert sie von einer Tragödie in die nächste.

Das Ziel der Gebrüder Russo war es ganz eindeutig, den Weg vom einfachen Teenager zum Kriminellen detailliert zu schildern und seine oft falsch getroffenen Lebensentscheidungen zu begründen. Vor der Drogen-Thematik sehen wir allerdings eher einen Film über eine ausgeprägte Form der Belastbarkeitsstörung. Der Armee-Teil fesselt zwar (und wird im Übrigen nicht beschönigt), die Frage „Wohin führt das ganze?“ bleibt aber trotz allem bestehen, weil man bis zum Drogenkonsum vergebens nach einem roten Faden recherchiert.

Fazit

„Cherry“ ist weit davon entfernt, ein schlechter Film zu sein. Obwohl hier Potenzial verschenkt sowie eine andere Herangehensweise im Erzählen auserkort wurde und das Drama dominiert, verliert er eine wichtige Sache nie aus dem Auge; Hoffnung. Wir alle haben Momente in unserem Leben, wo wir denken, dass unser ganzes Leben allmählich aus dem Ruder läuft.

Dennoch müssen wir versuchen, an einem Hoffnungsschimmer festzuhalten. Genau das tut Cherry und auf eben dieser Ebene berührt die Produktion aus dem Hause Apple TV+ dann auch sehr und trifft insbesondere mit seiner grandiosen Endszene mitten ins Herz. [Carmine Carpenito]

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