Schauspielerin, Regisseurin und Drehbuchautorin Julie Delpy meldet sich zwei Jahre nach ihrem Sci/Fi-Drama «My Zoe» mit einem neuen Werk zurück, der Netflix-Serie «On The Verge». Freundschaft, Lebensentscheidungen und das Leben ganz im Allgemeinen sind nur einige der Themen, die in dieser Komödie und in unserem Exklusivinterview mit der Französin vorkommen.
Julie Delpy, in Episode zwei gibt es ja ein kleines Essensmissgeschick. Können Sie sich an ein eigenes Küchendesaster erinnern, welches Ihnen geschehen ist? Nein, nicht so wie dieses. Ich erfand diese Geschichte, weil ich dachte, dass die Inszenierung lustig ist. Ich bin eine gute Köchin, deswegen habe ich eigentlich keine Desaster in meiner Küche. Ich finde immer einen Weg, damit das Essen gut ist. Ich bin wirklich eine gute Köchin, deshalb muss ich gestehen, dass ich in diesem Sinne nie ein Desaster hatte.
Adam erzählt Anne Handys seien für ihn eine grosse Ablenkung. Gibt es etwas, dass Sie am Set immer wieder ablenkt? Handys sind sicherlich eine Ablenkung. Was mich manchmal bremst, ist wenn mir jemand sagt, dass wir uns beeilen müssen. Manchmal sorgt dieser Druck dafür, dass alle irgendwie etwas vermasseln. Oder auch wenn die Menschen zur falschen Zeit auftauchen. Beispielsweise wenn jemand in einem guten Durchlauf der Dreharbeiten fünf Minuten vor Schluss erwähnt, dass man nur noch fünf Minuten Zeit hat. Das nervt dann, weil es eigentlich einem daran hindert in eben diesen fünf Minuten fertig zu werden. In meiner Karriere als Filmemacherin geschieht dies sehr häufig. Oftmals verstehen Menschen nicht, dass etwas weniger Zeitdruck, die Leute sogar schneller arbeiten lässt. Das ist eine typische Situation für ein Filmset. Ich werde ebenfalls genervt, wenn zu viele Leute an ihren Handys sind und nicht zu hören. Deshalb versuche ich zwischendurch an meinen Sets durchzusetzen, dass die Handys weggelegt werden. Gerade wenn man unter Zeitdruck ist. Es geschieht so schnell diese Ablenkung durch Handys.
Es gibt oft auch die Situationen, dass an einem Filmeabend die Menschen vermehrt an ihren Handys sind, als dass der Film geschaut wird… Oh ja, das ist so. Es gibt bei mir dies bezüglich sogar Hausregeln. Wenn man isst, dann wird nicht auf das Handy geschaut. Auch sonst wird das Handy vermehrt weggelegt, ausser natürlich es ist etwas Dringendes wie ein Notfall oder Sonstiges. Da habe ich tatsächlich Regeln für eingeführt, gerade auch für mein Kind. Interessanterweise hasst er Handys. Er hasst es auch, wenn ich am Handy bin. Es gibt eine neue Generation von Kindern, die sind Social Media und diese Welten leid. Er will tatsächlich von sich aus nicht zu viel Zeit auf Social Media verbringen und will, dass ich ihm ein Zeitlimit dafür setze.
Ell äussert zu Beginn die Befürchtung zu viel Zeit verschwendet zu haben. Wie gehen Sie mit diesem Gefühl um oder wie sorgen Sie dafür nicht zu viel Zeit zu verschwenden? Es ist sicherlich unmöglich jede Sekunde seines Lebens irgendwie zu nutzen. Ich bemerke glücklicherweise, wenn ich in Dinge gezogen werde, die meine Zeit verschwenden, beispielsweise bei Social Media. Dies mag während einer Promo-Tour eines Projekts toll sein, aber wenn ich Ferien habe, schaue ich kaum auf Social Media. Social Media führt sicherlich zu einer Verschwendung der eigenen Zeit. Ich spiele keine Videospiele. Ich spielte eine Zeitlang Schach auf meinem Handy, habe es allerdings wieder deinstalliert. Obwohl es gut ist, will ich nicht jede freie Minute Schach spielen. Viel lieber schreibe ich. Gestern beispielsweise habe ich nichts Produktives getan. Das machte mich wütend. Jedoch benötigen wir diese Tage ebenfalls, an denen wir nichts machen. Man muss einfach sich selbst ein wenig überwachen. Ich kann meinem Mann Tagelang zu schauen, wie er Zeit mit Schachspielen verbringt (lacht). Ich habe ihm schon mehrfach gesagt, er soll es löschen. Irgendwann werde ich es einfach machen.
Sie haben Social Media bereits angesprochen. Hatten Sie je das Gefühl, dass Social Media Druck auf Sie als Künstlerin ausübt? Ich habe keine Publizistin, die mein Social Media managt. Ich habe nur wenige Followers auf meinen Social Media-Accounts und poste hauptsächlich Dinge, die mit der Arbeit verbunden sind, ganz selten etwas Privates. Allerdings nie zu persönlich. Es ist eine Tatsache, dass es prominente Menschen gibt, die nur durch Social Media bekannt wurde und nichts anders machen. Es ist einfach etwas Neues. Es ist ein wenig verrückt, dass man berühmt werden kann, nur durch das Posten von Beiträgen. Klar, weshalb nicht. Ich sage nicht, dass es schlecht ist. Es gibt überall hart arbeitende Menschen und das ist nun einmal die Welt, in welcher wir heute leben. Es ist eine schnelllebige Welt und wird immer wie schlimmer diesbezüglich. Wir werden sehen, wohin das Ganze führen wird. Ich hoffe einfach, dass aus allem auch gute Bewegungen entstehen. Es ist nie nur alles schlecht, es kann auch für das Gute verwendet werden. Es kommt einfach immer darauf an, wofür es verwendet wird.
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