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Drama

Interview Todd Field & Cate Blanchett

Interview: Mathilde Bernard

Cate Blanchett: «Mein Mann war genervt, weil ich ständig mit Todd telefonierte»

Sie haben den Film fünf Monate lang mit sich herum getragen. Haben Sie Angst, ihn nach den Oscars gehen zu lassen? Cate Blanchett: Ich weiss nicht, was ich tun werde. Ich habe gerade gestern Nacht um vier Uhr morgens daran gedacht, als ich nicht schlafen konnte. Ich weiss nicht, was ich machen soll, wenn ich keine Ausreden mehr habe, um Todd sechsmal am Tag anzurufen oder zu texten. Mein Mann fragt schon, mit wem ich um drei Uhr nachts schreibe, und wenn ich antworte, dass es mit Todd ist, reagiert er genervt (lacht).
Todd Field: Ich hatte dieselbe Unterhaltung mit Serena letzte Nacht (lacht). Es wird interessant. Diese Analogie, dass der Film ein Baby ist, das man beschützen möchte, weil man so viel Zeit darin investiert hat... das ist eine sehr existentielle Konversation.
Cate Blanchett: Es ist wirklich interessant. Ein ähnliches Gefühl hatte ich zuletzt bei «Herr der Ringe», obwohl das eine ganz andere Sache ist. Sobald der Film rauskam, hatten wir keinerlei Kontrolle mehr darüber. Das Publikum hat ihn leidenschaftlich auseinander genommen. Die Unterhaltung war so faszinierend. Der Film ist draussen. Das hilft, loszulassen.

Todd, jetzt können Sie von Cate schwärmen. Woran liegt es, dass alles, was sie tut, immer oben mit dabei ist? Todd Field: Wenn ich das wüsste, wäre ich extrem wohlhabend, weil ich es anderen Schauspielern verkaufen würde: «Hier ist die blutvergossene Pille, nimm sie. Nimm nur die Hälfte! » (scherzt). Ich weiss es nicht. Es ist immer gefährlich, vor Cate darüber zu sprechen, weil sie dann einen Witz darüber macht. Sie will es nicht hören. Niemand will sowas hören.
Cate Blanchett: Danke. Nächste Frage (lacht).
Todd Field: Was will man sagen? Man versucht, es in Worte zu fassen. Wir haben sie schliesslich in all diesen Rollen gesehen!
Cate Blanchett: Wir haben alle mal einen schlechten Film gemacht. Man spricht immer über die Performance, aber eine Performance muss eingefangen werden. Wenn ein Foto von Irving Penn oder Richard Avedon geschossen wird, passiert etwas mehr, als dass bloss ein Gesicht eingerahmt wird. Wenn Todd die Kamera an der richtigen Stelle platziert, dann ist es, als würde man mit einem Tango-Profi tanzen. Dann hat man plötzlich das Gefühl, alles zu können. Das Bewegungspotential wird grösser. Ich finde es komisch, wenn Leute die Performance von der Regie, von der Kinematographie oder vom Production Design trennen. Es war ein Ensemble, das man zusammenfügte. Ich bin nur der äussere Ausdruck einer sorgfältigen Planung, strikter, harter Arbeit und einer meisterhaften filmischen Linse, welche auf die Figur schaute.

Indem Sie, wie Sie sagten, gemeinsam Tango tanzten, wurde Todd zu ihrem zweiten Ehemann, wie Sie an den BAFTAs sagten (lachen). Cate Blanchett: Wir hatten eine tolle kreative Freundschaft, die ich vermissen werde. Er ist so geheimnisvoll. Ich habe ihn schon gefragt, woran er als nächstes – mit einer anderen Schauspielerin – arbeitet, und er meinte, dass er es nicht weiss. Das ist das spannende, Zelluloid oder Entsprechendes hält zwar für immer, aber Film ist trotzdem ein sehr temporäres Medium. Es ist eine gewisse Melancholie im Spiel. Aber wir werden immer Berlin haben.
Todd Field: Wir werden immer Berlin haben, ja.

Eine allerletzte Frage: Sie sind Deutsche und sind jetzt hier in Deutschland. Ich bin mir sicher, dass Sie alle auf die Kaffeebohne, die nach Amerika geht, ansprechen. Cate Blanchett: Ich vergesse Dinge auf Deutsch so schnell, wie ich sie lerne. Eine Freundin von mir ist eine fantastische Opernsängerin. Sie machte mich auf Franziska Roth aufmerksam. Sie arbeitet als Sprachcoach mit Sängern zusammen, die kein Deutsch sprechen, und Wagner singen. Sie war grossartig, weil sie mit dem ganzen Orchestra-Wortschatz vertraut war. Ich konnte ihr meine Absicht mitteilen, und sie sagte mir, wann ich gewisse Wörter auf Deutsch nicht betonen, sondern den Akzent lieber auf eine andere Silbe legen solle. Dadurch fühlte ich mich freier, um mich in einer anderen Sprache auszudrücken. Aber ich habe ja zum Glück eine Amerikanerin gespielt, weshalb ich gar nicht wie eine Deutsche klingen musste.

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